Der Online Modehandel ist ein riesiges Geschäft. Auch Amazon expandiert massiv im Fashion-Markt. Wir haben den Amazon-Auftritt führender Bekleidungshersteller unter die Lupe genommen – mit erstaunlichen Ergebnissen.

Mode ist speziell. Sie unterstreicht unsere Persönlichkeit. Sie ist abhängig von Launen und Stimmungen, von Meinungen anderer. Sie ist emotional. Klare Herausforderung im Amazon-Geschäft: Die Produkte entsprechend zu präsentieren. Es geht nicht nur um Fakten wie Farben, Größen, Passformen, sondern auch um weiche Kriterien wie Stoffcharakteristika, Haptik, Gefühle.

Die großen Modehersteller punkten nicht auf Amazon

Sechs etablierte Modehersteller fanden Eingang in unsere Untersuchung: Esprit, Benetton, Tommy Hilfiger, Napapijri, Marc O’Polo und s.Oliver. Das analysierte Produktset aus 250 Artikeln enthält aktuelle Mode aus verschiedene Kategorien, von Pullover über T-Shirts bis Swimwear, von Damen über Herren bis Mädchen. Geprüft wurde, ob die Produkte auffindbar und wie sie nach SEO-Gesichtspunkten aufbereitet sind. Das Erstaunliche gleich vorweg: Die Produkte im Test wurden zu vielen Keywords nicht gefunden! Und zusätzlich wurden elementare SEO-Regeln nicht berücksichtigt. Ist das Vernachlässigung oder Angst vor zu viel Umsatz?

Fashion Online ist anders

Eine Besonderheit im Modebereich ist der schnelle Produktwechsel. Im Monatsrhythmus bringen Hersteller oft neue Kollektionen heraus. Eine Herausforderung, diese Produktpalette ansprechend, umfangreich und auffindbar zu präsentieren! Der Suchalgorithmus auf dem Marktplatz bevorzugt leider etablierte Produkte mit einer guten Verkaufshistorie. Dies erschwert die Positionierung von neuen Kollektionen – aber es macht sie nicht unmöglich.

Ablauf der Studie

Welche Keywords verwenden Nutzer, wenn sie nach Mode suchen? 200 generische Mode-Keywords mit hohen Suchvolumina wurden ermittelt. Der erste Schritt bestand darin zu prüfen, ob und auf wie viele dieser Keywords jedes der Testprodukte gefunden wird. Im zweiten Schritt wurden die Produktdetailseiten der Hersteller genau nach SEO-Gesichtspunkten analysiert.

Versäumnisse der Online-Mode auf Amazon

Auf Amazon finden sich über 400.000 Artikel unter dem Begriff „Kleidung“ und die konkrete Suche nach „Bikini“ bringt sogar über 100.000 Ergebnisse. Wie kann es Unternehmen da gelingen, in die engere Auswahl des Nutzers zu gelangen? Amazon SEO heißt eines der Zauberworte, das ist kein Geheimnis. Wenn Produktdaten richtig optimiert sind, dann unterstützen sie ein gutes Ranking. Optimierung bedeutet: Das Produkt wird zu einem bestimmten Begriff gefunden und entwickelt eine Steigerung in der Sichtbarkeit zu diesem Begriff, bis es am Ende Chancen auf eine Topplatzierung erhält. Im Idealfall bewirkt die Optimierung auch eine Conversionsteigerung und niedrigere Retourenquoten.
Zu den wichtigsten SEO-Maßnahmen zählen relevanz-bildende Kriterien wie Keywords, Produktbeschreibungen, Titel, Bulletpoints oder Bilder. Ebenso wichtig, aber nicht mehr so leicht zu steuern, sind Performancefaktoren, z.B. Umsätze, Klickraten und Bewertungen.
Die Untersuchung der sechs Hersteller zeigt: Die aktuelle Kollektion ist oft nicht auffindbar, die passenden Artikel werden zu den gängigsten Suchbegriffen überhaupt nicht angezeigt, die Produktinformationen sind rudimentär.

Wer suchet der findet – oder auch nicht

Sofort ins Auge springt die Erkenntnis, dass nur sehr wenige Produkte zu den ermittelten generischen Keywords ranken, lediglich Esprit ist im Bereich aktuelle Sommer- und Bademode stark vertreten. Für den allgemeinen Begriff „Mädchen T-Shirt“ ranken beispielsweise nur 3 Produkte, obwohl sich 10 passende Artikel in der Auswahl befinden. Erst mit der Ergänzung des Markennamens oder im Longtail-Bereich wird eine größere Anzahl an Produkten gefunden.
Esprit und s.Oliver können jeweils gut 100 Treffer zu den auswählten Keywords verbuchen. Da beide Hersteller mit knapp über 50 Produkten im Auswahl-Set vertreten sind, wird folglich jedes Produkt im Schnitt auf zwei Keywords gerankt. Auch Tommy Hilfiger liegt in dieser Größenordnung. Das ist nicht schlecht, aber doch verbesserungswürdig. Schlechter ist die Lage bei Marc o’Polo, Benetton und napapijri, hier wird nur maximal die Hälfte der Produkte in der Keywordsuche erkannt. Bei Benetton ranken 60% der Produkte im Auswahlset auf keinen der 200 Suchbegriffe, bei napapijri sogar 70%.

Amazon Modecheck
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Die Produktdaten: Zwischen Information und Emotion

Alle Hersteller haben eigene Online-Shops, auf denen die Produkte übersichtlich, emotional und informativ in Szene gesetzt werden. Leider gelingt es keiner der untersuchten Marken, dieses Modeerlebnis auf den Marktplatz zu übertragen. Bei der Detailbetrachtung der Produkte auf Amazon fällt auf, dass die Anzahl der Bilder oft auf ein oder zwei beschränkt bleibt. Im eigenen Onlineshop steht für das gleiche Produkt dagegen eine ganze Bandbreite an Fotos zur Verfügung. Ein einzelnes Foto ist für einen Modeartikel viel zu wenig, und auch der Mittelwert von 3 Bildern zeugt von wenig Liebe zum Detail.

Relevanz erzeugen

Um nicht nur den Nutzer sondern auch den Amazon Suchalgorithmus zu überzeugen und eine gute Sichtbarkeit zu erlangen, muss der Artikel relevant für die Suchanfrage sein. Die Relevanz wird u.a. durch die Inhalte in den Sektoren Titel, Bulletpoints und Beschreibung nachgewiesen, wobei Minimalisten unter den Textern eher abgestraft werden. Positiv, d.h. mit besserer Sichtbarkeit, werden ausführliche Titel, eine Vielzahl an Bulletpoints sowie informative Textbeschreibungen belohnt. Wichtige Keywords, auch Synonyme und entscheidende Angaben gehören in den Titel. Bei den untersuchten Modeartikeln wird der Platz im Titel maximal zur Hälfte, im Durchschnitt sogar weniger als ein Viertel ausgeschöpft. Da wundert es nicht, dass die Produkte zu den gängigen Keywords kein Ranking erzeugen können. Wesentliche Elemente der Produkte fehlen oft gänzlich im Titel. Während Marc O’Polo im eigenen Shop beispielsweise ein Produkt mit „T-Shirt mit Blockstreifen“ benennt, heißt das gleiche Shirt bei Amazon schlicht „Marc O’Polo Casual Damen T-Shirt“.
Auch Bulletpoints und Beschreibungstexte werden von den untersuchten Herstellern eher stiefmütterlich behandelt. Im Durchschnitt werden fünf Bulletpoints mit insgesamt nur 131 Textzeichen verwendet – 26 Zeichen pro Bullet, ein sehr kleiner Wert. Noch schlechter sieht die Zeichenanzahl für den Beschreibungstext aus: Lediglich 81 Anschläge spendiert der Hersteller im Schnitt und viele Produkte haben gar keine Beschreibung.

Amazon Modecheck Detailseiten
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Tue Gutes und lass darüber reden

Ein wichtiges Entscheidungskriterium für Käufer und auch ein starker Rankingfaktor sind Produktbewertungen, sogenannte Sterne und Rezensionen. Deren Anzahl nimmt naturgemäß im Zeitverlauf zu, d.h. je länger ein Produkt auf Amazon zum Verkauf angeboten wird, desto mehr Bewertungen sammeln sich an. Für die Modebranche mit den schnell wechselnden Kollektionen und der riesigen Anzahl neuer Produkte ist das eine Herausforderung. Hersteller können dieses Manko auf verschiedene Weise wettmachen. Grundsätzlich können Testkunden bemüht werden, um das Produkt zu bewerten. Amazon fördert dieses Vorgehen über das Vine-Programm. Insbesondere aber sollten geschickte Verknüpfungen zu Vorgänger-Produkten hergestellt werden, um den Vertrauensbonus von gut bewerteten Modellen zu übertragen. In unserer Untersuchung hatten die Artikel, alle aus der aktuellen Saison und daher relativ neu, im Schnitt keine einzige Bewertung.

Gewinner: Der Einäugige unter den Blinden

Insgesamt sind die Ergebnisse zur Darstellung der Fashion-Labels auf Amazon enttäuschend. Sind die Herausforderungen mit der immensen Anzahl an Produkten zu groß? Kapitulieren die Hersteller vor dem Rhythmus der schnellen Kollektionswechsel? Ganz klar spielt die Funktionsweise des Amazon-Algorithmus, der stark auf historische Daten setzt, den Modeherstellern nicht in die Hände. Aber aus der Sicht eines erfahrenen Amazon Service Anbieters lässt sich sehr deutlich feststellen: Das geht besser. Höhere Reichweiten, mehr Relevanz, mehr Umsatz sind möglich. Und gerade weil die Konkurrenz ihre Hausaufgaben nicht macht, gibt es gute Chancen für Fashion-Hersteller, sich positiv abzusetzen.