Der größte Teil des Werbebudgets wird im Upper und Lower Funnel eingesetzt. Das ist nicht optimal, denn Kaufentscheidungen werden im Wesentlichen im Mid Funnel beeinflusst. Wie du das komplexe Gebilde an Touchpoints in der sogenannten Messy Middle perfekt orchestrierst und am Ende zu mehr Umsatz gelangst, erfährst du in diesem Beitrag.
Längst ist klar, dass es nicht die eine Marketingbotschaft gibt, die für jeden Menschen und zu jedem Zeitpunkt die richtige Message enthält. Ein Kaufabschluss ist stets das Ergebnis eines Prozesses mit vielen Touchpoints über einen meist längeren Zeitraum hinweg, bei dem viele unterschiedliche Botschaften eine Rolle spielen. Für Werbetreibende ist es essenziell, User entlang ihres Kaufentscheidungsprozesses mit einer konsistenten Markenpräsenz zu begleiten, um trotz zunehmendem Wettbewerb und steigendem Kostendruck User für sich zu gewinnen.

Das Full-Funnel-Konzept
Der Full-Funnel-Ansatz zielt darauf ab, ein nahtloses und kohärentes Kundenerlebnis in jeder Phase des Kaufentscheidungsprozesses zu schaffen. Die User durchlaufen vom Erstkontakt an trichterartig mehrere Phasen bis zur Conversion.
Im Upper Funnel sollen potenzielle Kund:innen auf die Marke oder das Produkt aufmerksam gemacht werden. Eine breite Zielgruppe wird angesprochen und der Aufbau von Markenbekanntheit ist wichtig. Für Werbetreibende sind breit angelegte Kampagnen wie Display-Ads, Social Media oder Video-Anzeigen mit hohen Reichweiten sinnvoll. Begleitet werden die Anzeigen idealerweise von inspirierendem Content.
Der Mid Funnel ist geprägt von Usern, die gezielt vorgehen, um ihre Kaufentscheidung vorzubereiten. In dieser Phase soll das Interesse der potenziellen Käufer:innen an einem Produkt geweckt werden und sie sollen am Ende den Kauf dieses Produktes in Erwägung ziehen. Gerade im Mid Funnel ist es wichtig, die Kunden mit maßgeschneiderten Botschaften abzuholen und zu überzeugen.
Im Lower Funnel ist der User bereit für einen Kaufabschluss. Die potenziellen Käufer:innen sollen mit einem letzten Anstoß zur Conversion gebracht werden. Gezielte Anreize wie personalisierte Angebote oder Social Proofs in Form von Rezensionen können jetzt den Ausschlag für einen Abschluss geben.
Die Komplexität des Mid Funnels
Häufig wird, wie eingangs erwähnt, noch immer der größte Anteil des Werbebudets, in der Awareness- und Conversionphase eingesetzt, d.h. im Upper und Lower Funnel. Hier kennen wir die Stellschrauben und die Botschaften besonders gut, auch die KPIs sind bekannt und die Messbarkeit ist gegeben. Was häufig vernachlässigt wird, ist der wichtige Mid Funnel.
In der Praxis ist die Art und Weise, wie wir Entscheidungen treffen, sehr komplex und nimmt stetig an Komplexität zu. Google hat den Kaufentscheidungsprozess in einer umfangreichen Studie über fünf Jahre untersucht und ist zu interessanten Ergebnissen gekommen.
Wir durchlaufen längst nicht mehr nur lineare Entscheidungsprozesse und bewegen uns von einer Interaktion im Display, zu Social Media, zu SEA. Unsere Bedürfnisse ändern sich laufend, während wir versuchen, mit der Vielfalt an Angeboten und Informationen Schritt zu halten. Die Fülle an individuellen Touchpoints wie beispielsweise Suchmaschinen, KI, sozialen Medien oder Rezensions- und Bewertungsportalen nimmt ständig zu und lässt Kaufentscheidungsprozesse chaotisch und schier endlos erscheinen. Google bezeichnet diesen chaotischen Mid Funnel als Messy Middle.

In der Messy Middle suchen User nach Informationen über Produkte und Unternehmen und werten die gefundenen Daten anschließend aus. Die beiden zentralen Prozesse zwischen Kaufanstoß und Kaufentscheidung sind Exploration und Evaluation. Die Explorationsphase ist gekennzeichnet durch das Sammeln an Informationen, was zu einer Erweiterung der Optionen führt. Während der Evaluation werden die Optionen verglichen und die Auswahl reduziert, um eine Entscheidung zu treffen.
Einsatz der Verhaltenswissenschaft
Google hat genau untersucht, wie Händler die Entscheidungsfindung der Käufer durch den gezielten Einsatz von Verhaltenswissenschaft und digitalen Marketingmaßnahmen beeinflussen und so ihren Umsatz steigern können.
In beiden Stufen des Entscheidungsprozesses im Mid Funnel, Exploration und Evaluation, gibt es psychologisch bedingte Verhaltensweisen, die Einfluss auf die Kundenentscheidung haben. Der Mensch nutzt unbewusst tief in der Psyche verwurzelte kognitive Verzerrungen („Bias“), um mit der Masse und Komplexität der Informationen und Angebote umzugehen. Das hat direkte Auswirkungen auf das Modell der Entscheidungsfindung.
Google identifiziert in seiner Studie sechs zentrale psychologische Prinzipien, aus denen Onlinehändler Stellschrauben für ihre Marketingkampagnen ableiten können.
- Autoritätsbias: Vertrauen durch Expertenmeinungen oder Zertifikate schaffen.
Die Meinung und das Urteil anerkannter oder vertrauenswürdiger Experten werden als qualifiziert wahrgenommen und dieses Vertrauen überträgt sich auf den Käufer. Werbetreibende nutzen den Autoritätsbias bereits häufig, beispielsweise in Form von Bewertungen durch Fachleute, Güte- oder Testsiegel, Empfehlungen von Prominenten oder auch durch Erfahrungsberichte von Influencern.
- Kategorie-Heuristiken: Einfache Regeln bereitstellen, die Kaufentscheidungen erleichtern.
Eine Kategorie-Heuristik ist eine mentale Abkürzung oder Faustregel, die uns hilft, eine schnelle und zufriedenstellende Entscheidung innerhalb einer bestimmten Kategorie zu treffen, ohne alle Eigenschaften jeder Option im Detail untersuchen zu müssen. Ein typisches Beispiel für eine solche mentale Abkürzung ist „all inclusive“: Der Käufer muss sich mit den Details nicht genau auseinandersetzen, es ist alles inkludiert.
- Social Proof: Bewertungen und Empfehlungen anderer Käufer präsentieren.
Menschen haben die Tendenz, der Meinung und dem Rat anderer zu folgen. Insbesondere Kommentare oder eine große Anzahl an positiven Bewertungen können sehr überzeugend sein.
- Knappheitsbias: Dringlichkeit durch limitierte Verfügbarkeiten betonen.
Knappheit ist ein mentales Phänomen, das einem Gegenstand einen Wert zuweist, der darauf basiert, wie selten oder begrenzt der Gegenstand ist. Je schwieriger ein Produkt oder eine Dienstleistung zu erwerben ist oder je kürzer ein Angebot gilt, umso wertvoller scheint es zu sein. Diese Wahrnehmung von Knappheit kann zu irrationalem Konsumverhalten führen.
- Power of Free: Kostenlose Angebote (z. B. gratis Versand) hervorheben.
Es gibt eine Tendenz, kostenlose Angebote überzubewerten. Allein die Vorstellung, etwas umsonst zu erhalten, sorgt für teilweise irrationale Aufregung. Beispiele für solche Angebote sind gratis Versand, kostenloses Upgrade oder ein begleitendes Gratisprodukt.
- Power of Now: Sofortige Verfügbarkeit kommunizieren.
Der Mensch neigt unbewusst dazu, dem Heute mehr Bedeutung beizumessen als einer ungewissen Zukunft. Produkte und Dienstleistungen, die sofort verfügbar sind, sind entsprechend höher in ihrem Wert einzuordnen.
Onlinehändler können diese wichtigen Prinzipien der Verhaltensforschung in Anzeigen, Produktbeschreibungen und auf ihrer Webseite integrieren, um Käufer zu überzeugen und den Umsatz zu steigern.
User sind leicht zu beeinflussen
Die Studie hat nicht nur untersucht, welche Einflussfaktoren es im menschlichen Entscheidungsprozess gibt, sondern auch welche Auswirkungen sie haben bzw. welche besonders wirkungsvoll waren. Die drei wichtigsten Ergebnisse für Werbetreibende sind:
- Markenpräsenz sicherstellen
Allein die Auswahl einer zweiten Marke sorgte bei fast 30 Prozent der Befragten zu einem Wechsel hin zur alternativen Marke. Das ist phänomenal! Anders ausgedrückt steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Kaufabschluss, wenn potenzielle Käufer immer und überall mit der Marke oder dem Produkt in Berührung kommen. Es ist nahezu unverzichtbar für Onlinehändler, über alle Kanäle hinweg in Echtzeit beim Kunden mit relevanten Anzeigen präsent zu sein. Neue Tools und KI-Technologien sind eine Chance, diese Herausforderung anzunehmen.
- Vertrauen und Sicherheit fördern
Eine zentrale Erkenntnis des Berichts ist, dass Kunden Vertrauen in ihre Wahl haben möchten. Händler können dies durch transparente Informationen, Bewertungen, Garantien und einfache Rückgabeoptionen fördern. Von den sechs genannten Bias beeinflussen Autoritätsbias, Power of Free und Social Proof die tatsächliche Kaufaktion am häufigsten.
- Verhaltensmuster berücksichtigen und Bias bedienen
Die Präferenz für bestimmte Produkte ist beim Käufer größer als für bestimmte Händler. Bereits durch die Optimierung von zwei der einflussreichen Bias entschieden sich rund zwei Drittel für die zweitpräferierte Marke, bei allen sechs Bias, sogar 90 Prozent. Auch unbekannte Marken haben folglich gute Chancen, mit optimierten Bias zum Kaufabschluss zu gelangen. In der Untersuchung von Google entschieden sich achtzig Prozent der befragten Kund:innen für einen künstlich erfundenen Händler, der den Kunden gänzlich unbekannt war.
Nutze den ganzen Funnel
Die Erkenntnisse der Google-Studie zeigen, dass Käufer flexibel die Händler wechseln und während des Kaufprozesses kontinuierlich mit den passenden Messages begleitet werden müssen, um eine Abwanderung zu verhindern. Die herausgearbeiteten Bias der Verhaltensforschung kommen insbesondere für die Exploration und Evaluation in der Messy Middle zum Einsatz, sind aber natürlich auch für Upper und Lower Funnel anwendbar, ebenso für Remarketing, After-Sales und Cross-Selling. Je besser die Händler die Funktionsweisen der Bias verinnerlicht haben, desto größer ist die Kaufwahrscheinlichkeit und damit die Chance der Umsatzsteigerung.
Möchtest du mehr genau wissen, wie du eine Full-Funnel-Strategie umsetzt und mehr Umsatz daraus generierst? Dann vereinbare gleich einen Termin mit uns, wir unterstützen dich!