Google hat das Abschaltdatum für Universal Analytics kürzlich bekanntgegeben. Wer diese Version noch nutzt hat jetzt aus mehreren Gründen dringenden Handlungsbedarf. Stefan Lerch erläutert Hintergründe und mögliche Alternativen zu Google Analytics.
Google Analytics endet 2023 – warum muss ich jetzt schon handeln?
Wer Webseitenanalyse heute noch ausschließlich mit Google Analytics, genauer gesagt Universal Analytics, betreibt, sollte schnellstmöglich auf ein neues Tool wechseln, um Datenverlust zu vermeiden.
Im März 2022 hat Google den Abschalttermin des weit verbreiteten Analysetools Universal Analytics mit dem 1.7.2023 angegeben. Dass die Abschaltung droht, ist seit langem bekannt, nun wird es also ernst. Wer sich noch keine Alternativen überlegt hat, für den wird es höchste Zeit, damit wichtige Analysen und Daten weiterhin zur Verfügung stehen.
Fakt ist: Alle Daten, auf die Sie in Zukunft im Rahmen von Rückblicken und Analysen zugreifen wollen, müssen Sie schnellstmöglich außerhalb von Google Analytics erheben!
Ab Juli 2023 fließen keine Daten mehr in die Google Analytics Dashboards, wichtig ist aber zu berücksichtigen, dass auch die historischen Daten nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen werden. Bisher gibt Google lediglich einen Zeitraum von „mindestens sechs Monaten“ an für den Zugriff auf Daten, die zuvor in Google Analytics verarbeitet wurden. Wenn diese Zeit vorüber ist, dann können in Google Analytics keine Daten mehr gesichtet, analysiert oder exportiert werden. Da sich zusätzlich auch das Datenmodell von Google Analytics im Vergleich zum neuen Google-Tool GA4 aber auch zu anderen Alternativen wesentlich ändert, sollten Sie alle Daten, auf die Sie künftig noch zugreifen möchten, heute schon in anderen Analysetools erheben.
Hat die Abschaltung von Google Analytics Auswirkungen auf Google Ads?
Nicht nur der reine Datenzugriff ist zu berücksichtigen, auch die Verknüpfung mit den Werbekonten und -kampagnen ist von der Google Analytics Abschaltung betroffen.
Wenn eine Verknüpfung von Google Ads und einer Google Analytics-Property vorliegt, was häufig der Fall ist, dann führt die Abschaltung von Google Analytics dazu, dass ab diesem Zeitpunkt keine Daten mehr an Google Ads gesendet werden. Beispielsweise können keine Gebote mehr für importierte Universal Analytics-Zielvorhaben oder E-Commerce-Transaktionen abgegeben werden und definierte Zielgruppen können nicht mehr verwendet werden. Betroffene Unternehmen müssen rechtzeitig auf GA4 oder andere Analysetools umstellen. Wenn dieser Schritt versäumt wird, dann müssen die Kampagnen unabhängig von Analysedaten aufgesetzt werden.
Ist GA4 die Nachfolgeversion von Google Analytics?
Google Analytics 4, kurz GA4 genannt, ist die offizielle Nachfolgeversion seitens Google für die Webanalyse. Korrekterweise müsste man von einer neuen Version sprechen und nicht von einem Nachfolgetool, denn die Basis der beiden Varianten ist so unterschiedlich, dass eine einfache Portierung nicht möglich ist.
Während Google Analytics ein Session Model als Basis verwendet, werden in GA4 zwar auch Sessions gezählt, aber die Nutzer und Events mehr in den Fokus gestellt. Die Dauer der Sitzungen ist jeweils von Bedeutung, denn die Aktivität eines Users nach mehr als 30-minütiger Inaktivität wird in der Regel automatisch als neue Sitzung erfasst. Verlässt ein User jedoch die Webseite und kehrt innerhalb von 30 Minuten erneut zurück so wird die ursprüngliche Sitzung fortgeführt. Im Gegensatz zu Google Analytics wird in GA4 allerdings keine neue Sitzung eröffnet, wenn sich die Kampagnenquelle während einer Sitzung ändert.
Dadurch sind die Zahlen in beiden Tools nur noch bedingt miteinander vergleichbar. Noch ein Grund dafür, so schnell wie möglich die Portierung auf ein neues Tool durchzuführen und damit zu beginnen, Daten zu sammeln und Analysen auf dieser Basis zu erstellen. Die Unterschiede von GA und GA4 lassen sich hier nachlesen.
Was ist wichtig beim Wechsel zu GA4?
Die Umstellung benötigt eine gute Roadmap und sollte auf Grund der unterschiedlichen Datenmodelle für längere Zeit parallel laufen. Dashboards, Schnittstellen und Google Ads Integrationen gehören auf den Prüfstand.
Viele User werden bei paralleler Verwendung beider Tools bemerken, dass die Anzahl der Sitzungen in der Google Analytics 4-Property für das gleiche Ereignis und den gleichen Zeitraum geringer ist als in der Universal Analytics-Property. Der Grund dafür sind die erwähnten unterschiedlichen Datenmodelle.
Mit dem Bewusstsein, dass die Ergebnisse von GA und GA4 nicht identisch sein werden, ist es auch sinnvoll, bei der Einrichtung von GA4 nicht einfach eine Spiegelung des Universal Analytics Kontos vorzunehmen, sondern den Aufbau komplett zu überdenken. Es ist eine gute Gelegenheit, Daten, Reports und Analysen zu sichten und auf Notwendigkeit zu überprüfen. Möglicherweise können Events oder Analysen reduziert werden. Die Dashboards müssen ebenfalls überprüft werden. Entweder werden neue Dashboards erstellt oder die Schnittstellen auf GA4 angepasst. Drei Tipps für die Einrichtung von GA4 gibt es in hier im Magazin.
Google Analytics und der Datenschutz
Aus Datenschutzgesichtspunkten ändert sich aus heutiger Sicht wenig bei der Verwendung von GA4 im Vergleich zum auslaufenden Google Analytics. Verschiedene europäische Datenschutzbehörden halten den damit einhergehenden Datentransfer in die USA derzeit für nicht vereinbar mit der DSGVO und somit für unzulässig.
Für Unternehmen birgt die Nutzung von GA4 somit gewisse datenschutzrechtliche Risiken, die von Bußgeldern bis zu Schadenersatzansprüchen gehen können. Eine Möglichkeit, diesen Risiken aus dem Weg zu gehen, ist die Implementierung alternativer Trackinglösungen.
Alternative Trackinglösungen
Mit der Datenspeicherung auf europäischem Boden im Geltungsbereich der DSGVO sind andere Tools aus den genannten datenschutzrechtlichen Kriterien eine echte, wenn auch kostenpflichtige Alternative. Zwei der möglichen Technologieanbieter sind econda und etracker.
Vor der Implementierung eines neuen Trackingsystems sind alle Anforderungen und möglichen Schnittstellen zu definieren. Wichtig ist in der Regel eine gute Anbindung an die E-Commerce-Systeme, beispielsweise sollen Produktdaten, Checkout-Tracking oder Transaktionen erfasst werden. Alle genannten Tools erfüllen diese Voraussetzungen und bieten darüber hinaus sowohl Kampagnen- und Kanalauswertungen an als auch eine Verknüpfung mit Google Ads.
Die Logik, mit der die Modelle zu ihren Bewertungen gelangen, weist einige grundlegende Unterschiede auf. GA4 verwendet einen Consent-Mode basierend auf User- und Event-Daten, der mittels Machine Learning die fehlenden Consent-Daten durch Hochrechnungen ersetzt, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen. Econda und etracker dagegen verwenden einen anonymen Trackingmodus. Die beiden Tools arbeiten auf Session-Logik, was der bisherigen Google Analytics Auswertung ähnlich ist.
Ein Vorteil von econda und etracker ist die Möglichkeit, Alerts einzustellen. Auch die Nutzer-Zugriffsverwaltung ist bei diesen Anbietern im Gegensatz zu GA4 gut gelöst, weil sie individuell steuerbar ist. Alle drei Tools bieten wie bereits erwähnt eine gute Anbindung an Google Ads, was für die Kampagnensteuerung unverzichtbar ist. Google selbst treibt darüber hinaus die Verknüpfung von GA4 mit weiteren Google Tools voran, beispielsweise Search Ads 360, Display & Video 360 oder dem Merchant Center. Diese umfassende Integration in den Google Kosmos ist bei den alternativen Analysetools nicht zu erwarten.