Sobald die Tage länger werden und die Temperaturen steigen wächst bei vielen Menschen die Lust auf Natur, Frühling und Bewegung. Die Hochsaison für Fahrradhändler beginnt. In diesem Jahr ist – wie so vieles – auch das anders. Just zum Beginn der Hochsaison müssen die Fahrradhändler ihre Läden schließen. Wie geht es dem traditionsreichen Familienunternehmen RADWELT Coesfeld, das seit 1965 Fahrräder und Zubehör in Coesfeld vertreibt, damit? Kurz zusammengefasst muss man sagen: Gar nicht schlecht, denn die cleveren Münsterländer haben vorgesorgt und schnell und flexibel auf die Krise reagiert.
Retter in der Not war der Online Shop. Auch wenn ein Onlinekauf von Fahrrädern bis heute keine Selbstverständlichkeit ist, weder für Käufer noch für Händler, so setzt RADWELT Coesfeld bereits seit einigen Jahren auf den Onlinevertrieb ergänzend zum großen Ladengeschäft in Coesfeld. Diese Zweigleisigkeit hat sich spätestens jetzt ausgezahlt. Sechs Fragen an Megan Pöschel, Leitung Marketing & Kommunikation bei RADWELT, wie der Shutdown gemeistert wurde.
1. Seit Januar leiden erste Branchen an der Unterbrechung von Lieferketten oder unter Grenzschließungen. Was waren die Auswirkungen für RADWELT Coesfeld?
„Einige unserer Hersteller haben vorübergehend die Werke geschlossen oder nur eingeschränkt weitergearbeitet. Zum Glück haben wir dank unserer großen Lagerkapazitäten ausreichend Lagerware, sodass unsere Kunden weiterhin mit Fahrrädern und E-Bikes versorgt werden konnten. Bei unserer Partnerspedition waren die Abläufe erfreulicherweise ganz normal. Europaweit war eine Lieferung in die meisten Länder ohne Einschränkungen möglich, allerdings zu verlängerten Lieferzeiten.“
2. Erst Versammlungsverbot, dann Shutdown. Das Ladengeschäft von Radwelt muss geschlossen werden. Wie hat RADWELT Coesfeld diesen massiven Eingriff am Beginn der Hochsaison verkraftet?
„Die Schließung des Geschäfts – dann auch noch während der Hochsaison- war natürlich erstmal ein Schock für die RADWELT, zumal niemand wusste wie lange die Situation anhalten wird. Die große Hoffnung lag schnell auf dem Online Shop und darauf, sämtliche Online Marketing Kanäle optimal auszunutzen, um den Umsatzeinbruch bestmöglich aufzufangen. Ergänzend wurden unsere bereits eingeplanten Printmedien in Rekordzeit „umgestrickt“ und für die lokale Bewerbung des Online Shops genutzt.
Um weiterhin einen bestmöglichen Kundenservice gewährleisten zu können, haben die Verkäufer den Online Kundenservice bei der telefonischen Beratung und der Beratung per E-Mail und per WhatsApp unterstützt. Das war auch überaus notwendig. Während der Coronazeit und auch noch jetzt, nachdem viele Maßnahmen gelockert wurden, ist die Anzahl der Anfragen extrem hoch! Uns erreichen jeden Tag erheblich mehr E-Mails als es sonst während der Hochsaison der Fall ist. Viele lokale Kunden haben unseren online Shop genutzt und wurden innerhalb von 24 Stunden von uns beliefert oder konnten ihr Rad an unserer Abholstation abholen.
Erfreulicherweise konnten wir mit all diesen Maßnahmen einen großen Teil vom Umsatz unseres stationären Geschäfts auffangen. Das lag nicht zuletzt an der sehr effektiven Zusammenarbeit mit unserer Online Marketing Agentur, den ad agents, die sämtliche Kanäle effizient und wirtschaftlich gesteuert haben und vor allem auch sehr flexibel auf Änderungen reagiert haben.“
3. Welche Maßnahmen im Online Marketing haben in dieser Situation konkret geholfen?
„Die ad agents betreuen mehrere Online Kanäle für die RADWELT Coesfeld, allen voran das Suchmaschinenmarketing (SEA). Hier haben wir zu Beginn des Shutdowns sofort das Budget erhöht, um den Ausfall des stationären Geschäfts zu kompensieren. Das hat sehr gut funktioniert. Außerdem wurden die Texte der Anzeigen situativ angepasst. Da Radfahren während Corona sogar vom Gesundheitsministerium empfohlen wurde, fanden wir es sinnvoll, damit zu werben, dass es gerade jetzt sicher und gesund ist Rad zu fahren, vor allem im Hinblick auf die Stärkung des Immunsystems und auf die Vermeidung öffentlicher Verkehrsmittel.
In der Social Media Werbung bei Facebook setzen wir auf Anraten der Agentur schon seit längerem auf eine KUR-Steuerung, was sich auch in dieser Situation mit gestiegener Onlinenachfrage voll ausgezahlt hat. Das Budget wird automatisch erhöht, solange der Umsatz entsprechend zunimmt.“
4. Der Onlinekauf von Fahrrädern ist mit 24 Prozent immer noch eher das Stiefkind der Branche. Wie haben die RADWELT-Kunden auf die Onlinemaßnahmen reagiert?
„Unsere Kunden haben unsere flexiblen Lösungen gelobt und waren froh weiterhin schnell und unkompliziert an ihr Rad zu kommen. Das Motto „Bleibt ihr zu Hause, euer Rad kommt zu euch“, kam sehr gut an. Spätestens jetzt wissen viele, dass ein Rad auch ohne Risiko online bestellt werden kann. Speziell die Online-Bestellungen in der Umgebung haben spürbar zugenommen, das sind die Kunden, die unter normalen Bedingungen eher das Geschäft besuchen würden.
Es spielte uns zudem sehr in die Karten, dass wir im letzten Jahr unsere Social Media Aktivitäten ausgebaut haben und bereits große Reichweiten auf Facebook und Instagram realisieren konnten, so dass wir unsere Kunden fast täglich auf den neusten Stand bringen konnten.“
5. Seit kurzem gibt es wieder eine vorsichtige Öffnung des Ladens. Wie kann die Begrenzung der Kundenzahlen eingehalten werden und welche neuen Kombinationen von on- und offline entstehen womöglich?
„Wir arbeiten seit der Öffnung mit Pagern. Unsere Kunden stellen sich mit ausreichend Abstand (durch Abstandslinien und Absperrungen gekennzeichnet) im Eingangsbereich an unserem Pager-Point an und bekommen dort einen Pager ausgehändigt, der klingelt sobald ein Verkäufer frei ist. Während der Kunde wartet kann er sich, wenn das Geschäft nicht zu voll ist, frei in der RADWELT bewegen oder aber auf dem Parkplatz oder im Auto warten. Diese Lösung wurde von unseren Kunden sehr positiv aufgefasst, da nicht nur Abstand und Sicherheit gewährleistet werden, sondern auch jeder Kunde den Verkäufer erhält, der zu ihm passt – und zwar ohne sich selbst um Beratung bemühen zu müssen.
Themen wie „Click&Collect“ sind nun mehr in den Fokus geraten und werden angegangen sobald ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen. Für die Werkstatt nutzen wir ein Online-Terminbuchungstool. Das gab es allerdings schon vor Corona, es ist aber jetzt noch gefragter.
Sehr positiv ist auch anzumerken, dass wir intern einen großen Zusammenhalt zwischen den Mitarbeitern festgestellt haben. Die Tatsache, dass viele Verkäufer in der Online-Abteilung ausgeholfen haben, hat für viel Wissensaustausch zwischen den Abteilungen gesorgt und das Verständnis für die unterschiedlichen Herausforderungen verstärkt. Daraus sind viele Optimierungsideen entstanden, die uns auch langfristig weiterbringen werden.“
6. Die Weichen, die RADWELT Coesfeld in der Vergangenheit gestellt hat – mit dem Online Shop sowie der Kundenansprache auf allen online und offline Kanälen – haben sich in dieser Ausnahmesituation bestens bewährt. Welche Konsequenzen oder „Learnings“ nimmt das Unternehmen trotzdem mit für die Zukunft?
„Auf jeden Fall ist es sinnvoll, einen Mix aus Printmedien und sozialen Online Medien zu nutzen, um Kunden auf dem Laufenden zu halten. Auf eine derartige Krise konnte niemand optimal vorbereitet sein, aber unsere Kunden haben es geschätzt, dass wir authentisch und transparent kommuniziert haben wie die Situation in der RADWELT aussieht und uns flexibel und kundenorientiert gezeigt haben. Auch „Erklär-Videos“ und Produktvorstellungen kamen sehr gut an bzw. waren eine gute Unterstützung für unsere Beratung. Was den Online Shop betrifft, haben wir weiteres Personal eingestellt, um die Anzahl der Kundenanfragen bewältigen zu können. Gelernt haben wir vor allem, dass der Informationsfluss in Krisenzeiten besonders gut gesteuert werden muss. Unsere FAQ-Seiten, System-E-Mails etc. mussten dahingehend optimiert werden. Wir hoffen nicht auf ein nächstes Mal – aber wenn, dann klappt es noch reibungsloser.“